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Essen und Recht

„FELIX HIMBEER-VANILLE-ABENTEUER“ auf Abwegen?

Darf die Aufmachung eines Lebensmittels durch bildliche Darstellung das Vorhandensein einer Zutat suggerieren, obwohl tatsächlich eine normalerweise in diesem Lebensmittel verwendete Zutat durch eine andere Zutat ersetzt wurde, solange der verwendete Austauschstoff im Zutatenverzeichnis genannt wird?

Oder mit anderen Worten: Darf drauf, was nicht drin ist, auch, wenn darauf hingewiesen wird?

Mit dieser Frage hat sich nun der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) auf die Vorlage des Bundesgerichtshofs hin zu beschäftigen (Beschluss vom 26.02.2014).

Hintergrund ist ein beim Bundesgerichtshof (BGH) anhängiger Rechtsstreit (Az. I ZR 45/13), in welchem der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände wegen Irreführung gegen einen Kinderteehersteller klagt.

Dieser vertreibt unter der Bezeichnung „FELIX HIMBEER-VANILLE-ABENTEUER“ einen Früchtetee, auf dessen Verpackung sich Abbildungen von Vanilleblüten und Himbeeren befinden; außerdem die Hinweise „FRÜCHTETEE MIT NATÜRLICHEN AROMEN“ und „NUR NATÜRLICHE ZUTATEN“.          In der Zutatenliste wird sodann aufgeführt, dass die natürlichen Aromen Himbeer- bzw. Vanillegeschmack haben. Von echten Himbeeren oder echter Vanille also keine Spur.

Nach Ansicht des Klägers genüge der Hinweis im Zutatenverzeichnis vor dem Hintergrund der dominierenden Packungsaufmachung nicht und sieht darin eine Irreführung des Kunden über den Inhalt des Produktes. Aufgrund der Abbildungen und des Produktnamens erwarte der Verbraucher, dass der Tee Bestandteile von Himbeere oder Vanille auch tatsächlich enthalte – jedenfalls aber natürliches Himbeer- und Vanillearoma.

Die Vorinstanzen vertraten hierzu unterschiedliche Auffassungen. Der EuGH hat bislang in Fällen, in denen sich die tatsächliche Zusammensetzung aus dem Inhaltsverzeichnis ergab, eine Irreführungsgefahr als gering eingestuft. Der BGH deutet aber in seiner Pressemitteilung (Nr. 37/2014) bereits an, dass dies nach seiner Ansicht in Fällen wie dem Vorliegenden in denen der Verbraucher aufgrund der Packungsangaben bereits die eindeutige Antwort darauf erhalte, ob der Geschmack durch aus Himbeeren oder Vanillepflanzen gewonnenen Aromen mitbestimmt wird, nicht gelten könne. Hier habe der mündige Verbraucher gar keine Veranlassung mehr, sich anhand des Zutatenverzeichnisses zu informieren.

Ob dies der EuGH vorliegend genauso beurteilt, bleibt abzuwarten.

Wir werden weiter berichten.

Hintergrund: Vorlage zum EuGH

Vor allem unser nationales Lebensmittel- und Verbraucherschutzrecht ist mittlerweile stark durch Rechtsakte der Europäischen Union geprägt. Erlassene Richtlinien geben dem nationalen Gesetzgeber den Rahmen für die eigene Gesetzgebung in einem bestimmten Bereich vor.

Hat ein nationales Gericht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Zweifel, wie z.B. eine Richtlinie hinsichtlich einer für den konkreten Fall maßgeblichen Frage auszulegen ist, so kann (bzw. muss) es diese Frage dem EuGH zu Beantwortung vorlegen. Dessen Entscheidung muss dann das nationale Gericht bei der seinigen berücksichtigen.

Rechtsanwalt Tobias Jani