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Essen und Recht

Restaurantkritik im Internet – Ausdruck der Meinungsfreiheit oder Rufschädigung?

Wer kennt es nicht. Die ganze Woche freut man sich auf den Restaurantbesuch am Samstagabend. Der Insidertipp für das neueste angesagte Restaurant ist schnell bei der Hand; der Tisch reserviert. Der Verabredung läuft auf Grund der Lobeshymnen auf den Koch bereits das Wasser im Mund zusammen.

Doch dann die Enttäuschung!

Das Szenelokal mit moderner Einrichtung, lichtdurchflutetem Gastraum und toller Aussicht auf den blutroten Sonnenuntergang entpuppt sich als muffige und dunkle Kellerbar und die frische und hippe Fusionküche auch nur als Schnitzel mit essbarer Blumengarnitur.

Was nun?

Diverse Restaurantkritik-Portale im Internet bieten Gästen die Möglichkeit, eigene Bewertungen über die Restaurants vorzunehmen, Empfehlungen auszusprechen, aber auch zu warnen oder Scharlatane offenzulegen. Doch was, wenn sich der Gastronom zu Unrecht kritisiert sieht?

Die Rechtsprechung musste sich in jüngster Zeit mit den Fragen der zulässigen oder unzulässigen Restaurantkritik befassen. Das Amtsgericht Hamburg hatte am 18. August 2011 einen Rechtsstreit zwischen einem norddeutschen Restaurantbesitzer und dem Onlineportal www.restaurant-kritik.de zu entscheiden (Amtsgericht Hamburg, Az. 35 aC 148/11).

Das Onlineportal hatte eine kritische Bewertung über das vom Restaurantbesitzer betriebene Lokal veröffentlicht. Der Gastronom wollte mit seiner Klage erreichen, dass diese aus seiner Sicht ungerechtfertigte Kritik gelöscht wird. Das Amtsgericht Hamburg hat die hierauf gerichtete Klage abgewiesen.

Die veröffentlichte Kritik des Gastes war dabei durchaus provokant. So hatte er nicht nur die Einrichtung des Lokals kritisiert, sondern auch die Zusammenstellung der Speisekarte als langweilig bezeichnet. Weiter hatte er die vom Restaurant vorgenommene Preisstaffelung kleiner und großer Portionen als „mager“ bezeichnet. Im Übrigen hatte er auch Kritik an der Zubereitung der Speisen, insbesondere an der Garstufe des Fisches geäußert. Die einzelnen Kritikpunkte haben sich dann auch in der von ihm vergebenen Sterneanzahl, welche je nach Kategorie bei 1 von 5 bis 4 von 5 lag. Seine Kritik beendete der Gast mit dem Zitat aus dem Ring des Polykrats: „Hier wendet sich der Gast mit Grausen…“.

Diese Kritik ging dem Gastronom zu weit. Er hat sich deshalb zunächst an das Onlineportal gewandt und die Löschung der gesamten Bewertung gefordert. Nachdem dies vom Onlineportal abgelehnt wurde, hat der Restaurantbesitzer vor dem Amtsgericht Hamburg Klage erhoben.

In der Urteilsbegründung hat sich das Amtsgericht anschaulich mit den aufgeworfenen Fragen der Meinungsfreiheit auseinandersetzt. Im Ergebnis hat das Gericht dem Onlineportal Recht gegeben, dass es sich bei der vom Gast veröffentlichten Kritik um ein subjektives Werturteil handele, welches als solches vom Gastronomen hingenommen werden müsse. Konkret hat das Amtsgerichts ausgeführt:

„Restaurant-Kritiken entziehen sich einer objektiven Beurteilung weitgehend. Dabei hängt es – auch nach dem Verständnis der angesprochenen Kreise – maßgeblich von den mehr oder minder subjektiv gefärbten Eindrücken und Empfindungen des Kritikers ab, wie er die angebotenen Leistungen bewertet. Daher ist von vorneherein nicht auf die strengen Maßstäbe abzustellen, die für die Warentests geltend. Unzulässig ist eine wertende Restaurantkritik grundsätzlich erst, wenn sie insgesamt auf eine gezielte Herabwürdigung gerichtet ist, was insbesondere auch dann der Falls ein kann, wenn die Kritik ersichtlich auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage beruht“.

In dem zu entscheidenden Fall sah das Gericht jedoch keine Beanstandungen, weshalb die Kritik veröffentlicht bleiben durfte.

Zu einem anderen Ergebnis, mit durchaus ähnlicher Begründung, kam das OLG Köln in einem Urteil vom 03.05.2011, Az. 15 U 194/10. In diesem Prozess ging es um eine Klage eines Gourmetrestaurants gegen eine in einem Restaurantführer veröffentlichten Kritik. In der aktuellen Auflage dieses Restaurantführers war das Restaurant von drei auf zwei „F“ herabgestuft worden. Gleichzeitig war ein entsprechender Kritiktext veröffentlicht worden. In diesem Text hatte sich der Autor kritisch mit der Leistung des Restaurants auseinandergesetzt und wenig positives gefunden.

Unstreitig hatte der Autor dieses Textes das Restaurant lediglich einmal aufgesucht. Der Restaurantbetreiber war deshalb der Auffassung, dass diese Kritik rechtswidrig sei und von ihm nicht hingenommen werden müsse. Durch die negative Besprechung entstünden ihm massive wirtschaftliche Einbußen. Er hat deshalb den Restaurantführer auf Unterlassung der weiteren Verbreitung dieser Kritik klageweise in Anspruch genommen.

Das OLG Köln gab in diesem Fall dem Kläger Recht. Zwar hat das OLG Köln auch hier als gewichtiges Argument gegen die Klage die freie Meinungsäußerung nach Art. 5 GG herangezogen. Die gebotene Güterabwägung zwischen dem Recht auf freier Meinungsäußerung auf der einen Seite und dem Unternehmerpersönlichkeitsrecht auf der anderen Seite ging nach Ansicht der Richter in diesem Fall jedoch zu Gunsten des Gastronomen aus. So hat das Gericht ausgeführt:

„Bei der Veröffentlichung und Verbreitung der Ergebnisse von die gewerblichen Angebote von Unternehmen prüfenden und beurteilenden Erhebungen bzw. „Warentests“ – und um einen solchen handelt es sich bei dem vorliegenden Beitrag, mit dem die gewerbliche Leistung, der Klägerin, konkret die äußere Präsentation ihres gastronomischen Angebots (Gestaltung des Gourmetrestaurants/Service) als auch die Qualität der in diesem Rahmen angebotenen Speisen (Frische der Lebensmittel/Zubereitung/Geschmack) geprüft und beurteilt werden – ist dem Tester grundsätzlich ein weiter Spielraum auch für die Darstellung negativer Beurteilungen zu setzen, selbst wenn diese geeignet sind, sich schädigend auf das beurteilte Unternehmen bzw. dessen gewerblichen Betrieb auszuwirken.“

Weiter heißt es jedoch dann:

„Angesichts des dem Kritiker grundsätzlich einzuräumenden weiten Spielraums lässt sich indessen allein aus der herabsetzenden und die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin beeinträchtigenden Wirkung der streitgegenständlichen Restaurantkritik deren äußerungsrechtliche Unzulässigkeit nicht begründen. Ein Gewerbebetrieb muss sich der Kritik seiner Leistung stellen. Selbst eine gewerbeschädigende negative Kritik ist daher nicht allein schon aus diesem Grund äußerungsrechtlich unzulässig.“

Im Ergebnis meint das Gericht aber:

„Die Grenzen zulässiger Kritik, die, wie hier, die untersuchte gewerbliche Leistung negativ, teilweise sogar abfällig bewertet, können dabei im Einzelfall zwar weit gezogen sein. (…) dieser Grundsatz erfährt indessen im hier betroffenen Bereich der Äußerungen über die Bewertung der qualitätgetesteter gewerblicher Leistungen eine der zu spezifischen Eigenarten des Warentest – und um einen solchen handelt es sich einer das Angebot in einem Speiselokal bewerteten Restaurantkritik – Rechnung tragenden Nuancierung: Hier steht dem geschützten Rechtsgut der unternehmerischen Geschäftsehre und des Gewerbebetriebs die ebenso geschützte Freiheit der Meinungsäußerung gegenüber, die sich gerade mit dessen Produkten und Leistungen befasst und die Befriedigung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit/Verbraucher an dieser Ware/Leistung für sich in Anspruch nimmt. In dieser Situation vertraut der Angesprochene und erreicht der Empfängerkreis auch die Objektivität des zum Ausdruck gebrachten subjektiven Bewertung zu Grunde liegenden Verfahrens bzw. der Art des Zustandekommens der Wertung. Vor dem Hintergrund dieser Erwartung ist derjenige, der sich auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung beruft, zu sorgfältiger Prüfung gehalten, ob er mit seiner Äußerung den Boden sachlich gerechtfertigter Kritik nicht verlässt (…). Die danach einzuhaltenden Sorgfaltsanforderungen werden in höchstrichterlicher, auch von dem erkennenden Senat geteilter Spruchpraxis dahingehend definiert, dass die der Veröffentlichung der Ergebnisse zu Grunde liegende Untersuchung neutral, sachkundig und im Bemühen um Richtigkeit vorgenommen sein muss (…). Dieser Maßstäbe hält die hier zu beurteilende Restaurantkritik nicht stand.“

Im Weiteren hat das Gericht dann ausgeführt, dass der einmalige Besuch des Testers nicht ausreichend sei, um eine derart schwerwiegende und negative Kritik hinnehmen zu müssen.

Ergebnis:
Es lässt sich also festhalten, dass die Rechtsprechung differenziert zwischen privaten Kritikerveröffentlichungen, etwa auf Onlineportalen im Internet und den gewerblichen Restaurantkritikern. Letztere sind gehalten, insbesondere bei Negativkritiken, fundiert zu prüfen und zu recherchieren. Ein einmaliger Besuch kann bei beabsichtigten Negativkritiken dann für professionelle Restaurantkritiker nicht ausreichend sein. Derartig hohe Maßstäbe werden jedoch an die privaten Bewertungen nicht gestellt. Dies ergibt sich bereits aus der Natur dieser Kritiken. So nimmt der professionelle Restaurantkritiker eben besonderes Vertrauen und Kompetenz in Anspruch, welche der Verbraucher einer privaten Kritik nicht ohne Weiteres zuschreibt.

Zu beachten ist jedoch, dass egal ob bei professioneller Restaurantkritik oder privater Gastbewertung die Grenze zur Schmähkritik niemals überschritten werden darf. Die Kritik muss sachlich begründbar bleiben.

Rechtsanwalt Pablo Blessing